Die Maßnahmen zur Verhinderung einer weiteren Katastrophe in Tschernobyl

Die Maßnahmen zur Verhinderung einer weiteren Katastrophe in Tschernobyl

Nach dem Unfall von Tschernobyl wurde 1986 das Bundesumweltministerium gegründet, drei Jahre später das Bundesamt für Strahlenschutz. Das Strahlenschutzvorsorgegesetz lieferte Ende 1986 die gesetzliche Grundlage für den bundesweiten Strahlenschutz¹. Als direkte Folge von Tschernobyl entstand in Deutschland das „Integrierte Mess- und Informationssystem“ (kurz IMIS). Darin werden alle Messdaten offizieller Stellen zur Umweltradioaktivität gesammelt und ausgewertet. Mit 1.700 rund um die Uhr aktiven Überwachungssonden löst das flächendeckende ODL-Messnetz bei erhöhter Radioaktivität in der Luft Deutschlands automatisch Alarm aus¹.

Die Informationslage nach dem Unfall

1986 war der Kalte Krieg noch nicht vorbei, Deutschland war getrennt in DDR und BRD, und auch die (weltweite) Kommunikation geschieht ganz anders als heutzutage: Internet und Smartphones waren noch lange nicht erfunden. Als im April 1986 erste Meldungen und Bilder über einen Störfall im sowjetischen Kernkraftwerk Tschernobyl bekannt wurden, herrschte zunächst Unsicherheit über das, was passiert war. Erst nach und nach gaben staatliche Stellen Bewertungen über das Ereignis ab. Die durch politische Rahmenbedingungen ohnehin dünne Informationslage wurde für die Bevölkerung in Deutschland zusätzlich diffus, da verschiedene staatliche Stellen unterschiedliche Verhaltensempfehlungen abgaben. Es gab keine bundesweit einheitlichen Richtwerte, keine gesetzliche Grundlagen und nur wenige Stellen, die die Radioaktivität in der Luft messen konnten. Internationale Abkommen über den schnellen gegenseitigen Informationsaustausch zu nuklearen Unfällen fehlten¹.

Gründung des BfS

In der Folge des Unfalls von Tschernobyl wurde noch im Jahr 1986 das Ministerium für Umwelt-, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) gegründet. Drei Jahre darauf folgte die Gründung des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS), welches unter anderem zuständig ist, die Kontamination der Umwelt nach einem radiologischen Unfall schnell zu ermitteln und die Lage zu bewerten. Verschiedene wissenschaftliche Einrichtungen wurden im BfS integriert, so zum Beispiel das Institut für Strahlenhygiene des Bundesgesundheitsamtes in Neuherberg bei München, das Institut für Atmosphärische Radioaktivität des Bundesamtes für Zivilschutz in Freiburg, Teile der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig und (nach dem Mauerfall 1989) das Staatliche Amt für Atomsicherheit und Strahlenschutz der DDR in Berlin. Als Hauptsitz des BfS wurde Salzgitter gewählt¹.

Gesetzliche Grundlagen

Das Fehlen gesetzlicher Vorgaben führte nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl dazu, dass teilweise unterschiedliche Grenzwerte und Maßnahmen im Bund und in den Bundesländern empfohlen wurden. In der Folge des Unfalls von Tschernobyl wurden daher feste Notfall-Dosiswerte für die Evakuierung, den Aufenthalt von Menschen in Gebäuden und die Einnahme von Jodtabletten festgelegt. Oberhalb der Notfall-Dosiswerte sind die Maßnahmen in jedem Fall – wenn möglich – durchzuführen¹.

Sicherheitstechnische Maßnahmen am Standort Tschernobyl

Auf dem Gipfel der G-7-Staaten in München 1992 hatten die G7-Staaten unter wesentlicher Mitwirkung Deutschlands erklärt, dass nach ihrem sicherheitstechnischen Verständnis vor allem die RBMK-Reaktortypen so bald wie möglich abgeschaltet werden sollten. Beim RBMK („Reaktor Bolschoi Moschtschnosti Kanalnyi“) handelt es sich um einen grafitmoderierten Siedewasser-Druckröhrenreaktor, der in der damaligen Sowjetunion auch an den Standorten Leningrad, Kursk, Smolensk und Ignalina betrieben wurde. Auf dem G-7-Gipfel 1994 in Neapel wurde der Ukraine ein Aktionsplan zur Unterstützung bei der Stilllegung des Atomkraftwerks Tschernobyl mit seinen dort noch in Betrieb befindlichen drei RBMK-1000 angeboten². Wichtigste Maßnahmen im Rahmen des SIP waren die Stabilisierung des bestehenden Sarkophags, die Errichtung des New Safe Confinement (NSC), das über den alten Sarkophag geschoben wurde (Ende November 2016 erfolgreich durchgeführt), sowie der Abbau der instabilen Teile des Sarkophags nach Inbetriebnahme des NSC².

Quellen:
(1) Notfallschutz nach Tschernobyl: Konsequenzen für Deutschland.
https://www.bfs.de/DE/themen/ion/notfallschutz/notfall/tschernobyl/notfallschutz.html.
(2) Tschernobyl und die Folgen – BMUV.
https://www.bmuv.de/themen/nukleare-sicherheit-strahlenschutz/nukleare-sicherheit/tschernobyl-und-die-folgen.
(3) Der Reaktorunfall von Tschernobyl – Bundesamt für Strahlenschutz.
https://www.bfs.de/SharedDocs/Downloads/BfS/DE/broschueren/ion/bro-tschernobyl.pdf?__blob=publicationFile&v=12.