Der Sarkophag und der neue Sicherheitsbehälter: Technische Meisterwerke zur Eindämmung der Strahlung

Der Sarkophag und der neue Sicherheitsbehälter: Technische Meisterwerke zur Eindämmung der Strahlung

Nach der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl im April 1986 wurde schnellstmöglich eine provisorische Konstruktion um das Gebäude des havarierten Reaktorblocks gebaut, die als „Sarkophag“ bekannt wurde. Sie sollte verhindern, dass weiterhin radioaktive Partikel unkontrolliert in die Atmosphäre gelangen¹. Aufgrund der hohen Radioaktivität und des extremen Zeitdrucks, unter dem die Arbeit ausgeführt werden musste, war es nicht möglich, eine für lange Zeit haltbare Konstruktion zu errichten¹. Einerseits musste der zerstörte Reaktor möglichst schnell eingeschlossen werden, andererseits kam es darauf an, den Aufenthalt der Arbeiter im radioaktiv verseuchten Bereich zu begrenzen¹.

Daher errichtete man eine Konstruktion, die so weit wie möglich aus vorgefertigten Stahlteilen bestand, die in größerer Entfernung vorbereitet und dann über dem Reaktor montiert wurden. Anschließend goss man die vorbereiteten Stahlwände teilweise mit Beton aus. Es war auch notwendig, möglichst schnell beschaffbare Materialien zu benutzen, etwa Pipeline-Röhren für die Dachkonstruktion¹. Notgedrungen mussten in die Konstruktion des Sarkophags jedoch auch stehengebliebene Teile des Reaktorgebäudes einbezogen werden, deren Stabilität nicht überprüft werden konnte. Ebenso wurden Betonfundamente für den Sarkophag auf den Trümmerschutt des zerstörten Reaktors gegossen, ohne dass man die Tragfähigkeit dieses Untergrunds ermitteln konnte¹.

Der neue Sicherheitsbehälter

Als New Safe Confinement (sinngemäß „Neuer sicherer Einschluss“; NSC) wird die neue Schutzhülle über dem 1986 havarierten Block 4 des Kernkraftwerkes Tschernobyl und über dessen erster Schutzhülle („Sarkophag“) von 1986 bezeichnet¹. Die Schutzhülle ist eines von mehreren Bauprojekten auf dem Gelände um das ehemalige Kernkraftwerk, welche alle zum Ziel haben, unter sicheren Bedingungen radioaktive Brennstoffe zu entfernen, radioaktiven Abfall zu verarbeiten und die gesamte Anlage in ein für die Ökologie ungefährliches technisches System zu transformieren¹.

Im Laufe der Zeit wurde der Sarkophag undicht und Stahlträger rosteten. Ein Nachgeben könnte zum Einsturz der gesamten Konstruktion führen. Darüber hinaus existieren Löcher im Dach, durch die Wasser in das darunterliegende Gebäude eindrang. Dieses Wasser versickerte kontaminiert unter dem Reaktorblock im Boden¹. Im Dezember 1988 gaben sowjetische Wissenschaftler bekannt, dass der Sarkophag eine vorgesehene Lebenszeit von lediglich 20 bis 30 Jahren habe¹.

Die Herausforderungen

Vor der Inbetriebnahme des New Safe Confinements war die Strahlung am Rande des Sarkophags so hoch, dass man den am Bau beteiligten Arbeitskräften einen länger andauernden Aufenthalt nicht zumuten konnte. Die Schutzhülle wurde daher ca. 200 Meter entfernt von dem Unglücksreaktor errichtet und im November 2016 auf Schienen langsam über die alte Betonkonstruktion des Sarkophags geschoben². Immer wieder wird seine Fertigstellung aber nach hinten verschoben. Der Grund: Die Strahlenbelastung auf der Baustelle ist höher als erwartet.

Das hat zur Folge, dass mehr Arbeiter benötigt werden, damit jeder einzelne der 1.500 Menschen auf der Anlage nicht über den erlaubten Grenzwert hinaus mit Radioaktivität belastet wird³. Aber auch Roboter, die im Inneren des Sarkophags arbeiten, sind nicht vor der Strahlung gefeit. Werden sie zu lange am Stück eingesetzt, schadet das ihrer Elektronik³.

Die Möglichkeiten

Die neue Schutzhülle soll verhindern, dass Strahlung in die Umgebung gelangt. Austritt von Radioaktivität soll mit Unterdruck verhindert werden³. Allerdings wird auch auch die neue Hülle die Strahlung nicht völlig im Innern halten können. Das ist mit keinem Material möglich, selbst Stahl und Beton können nur einen Teil der ionisierenden Wellen aufhalten. Immerhin könnte die Stahlhülle verhindern, dass sich der radioaktive Staub weiter verteilt³. In der Sperrzone von Tschernobyl werden zurzeit noch mehr Lager für radioaktiven Müll auch aus anderen ukrainischen Atomkraftwerken gebaut. Außerdem ist in der Nähe des Reaktors ein Solarkraftwerk einer privaten Initiative entstanden. Dahinter steckt wohl der Versuch, dem Katastrophenort ein zukunftsorientiertes, positives Image zu geben. Ordentlich Geld hat man dafür auf jeden Fall in die Hand genommen.

2,1 Milliarden Euro wurden bislang in die Sicherung des Geländes investiert. Ein großer Anteil davon für den neuen Sarkophag³. Insgesamt sind der Sarkophag und der neue Sicherheitsbehälter technische Meisterwerke zur Eindämmung der Strahlung. Sie zeigen, wie weit die Technologie gekommen ist, um die Auswirkungen von Nuklearkatastrophen zu minimieren und die Umwelt zu schützen.

Quellen:
(1) New Safe Confinement – Wikipedia.
https://de.wikipedia.org/wiki/New_Safe_Confinement
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(2) Der Sarkophag von Tschernobyl: Alles rund um den Bau der Schutzhülle.
https://tschernobyl-besuch.de/sarkophag-von-tschernobyl/
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(3) Der neue Sarkophag von Tschernobyl – quarks.de.
https://www.quarks.de/technik/energie/der-neue-sarkophag-von-tschernobyl/
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(4) Verordnung zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung.
https://www.bfs.de/DE/bfs/gesetze-regelungen/strahlenschutzverordnung-ion/strahlenschutzverordnung-ion_node.html
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(5) StrlSchV – Verordnung zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ….
https://www.gesetze-im-internet.de/strlschv_2018/BJNR203600018.html
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(6) Gesetzliche Regelungen zum Schutz vor optischer Strahlung.
https://www.baua.de/DE/Themen/Arbeitsgestaltung-im-Betrieb/Physikalische-Faktoren-und-Arbeitsumgebung/Optische-Strahlung/Gesetzliche-Regelungen.html
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